Der Chronist der Ströme
Elian steht am Rand einer Welt, die wie eine riesige, sonnengelbe Landkarte vor ihm liegt. Ein kobaltblauer Fluss schlängelt sich wie eine Lebensader hindurch, unter einem Himmel, der mit dramatischen, fast gezeichneten Wolkenformationen und leuchtenden gelben Bändern aufwartet. Er spürt einen Sog, eine Einladung, diesem Wasserlauf zu folgen, der kleine, angedeutete Siedlungen wie Perlen auf einer Schnur verbindet.

Dem Ruf des Wassers folgend, dessen Oberfläche nun das sanfte Licht eines übergroßen Mondes spiegelt, erreicht er schließlich eine Bucht, die von einer Aura des Geheimnisvollen umgeben ist. Filigrane Bäume, deren Zweige wie Tuschestriche in den hellen Himmel ragen, rahmen die Szene. Von ihnen hängen leuchtende Kugeln wie gefangene Sterne. Vor Anker liegt ein majestätisches Segelschiff, ein Versprechen auf ferne Ufer, und Elian selbst nähert sich in einem kleinen Boot, die Silhouetten anderer Reisender neben sich, die ebenso erwartungsvoll dem großen Schiff entgegenblicken.

Das Schiff bringt ihn, nach Tagen auf See, zu einer Stadt, die vor Leben und Geschichte nur so pulsiert. Dicht an dicht drängen sich bunte Häuser mit unzähligen Fenstern, deren Dächer ein Patchwork aus Rot-, Blau- und Grautönen bilden. Eine steinerne Brücke, belebt von winzigen, geschäftigen Figuren, spannt sich über den Fluss, der nun mitten durch diese pulsierende Metropole fließt. Elian beobachtet von einem erhöhten Punkt das Gewimmel, ein Meer aus Geschichten, die in jeder Gasse und jedem Haus verborgen liegen, während unter ihm Menschen und kleine Boote den Fluss überqueren.

Doch die Strömung des Lebens und des Flusses trägt Elian weiter, in eine andere, beklemmendere Zukunft oder eine parallele Realität der Stadt. Der Himmel ist schwer und von einem diffusen, gelb-grauen Licht erfüllt. Unter ihm erstreckt sich eine endlose, schneebedeckte urbane Landschaft, ein Labyrinth aus identischen, grauen Blöcken mit vereinzelten roten Farbtupfern an den Fenstern. Entlang des nun kanalisierten, fast gefrorenen Flusses und über die kargen Brücken bewegen sich unzählige, winzige Gestalten, eine anonyme Masse, die einem unbekannten Ziel entgegenstrebt. Elian spürt die Kälte und die unermessliche Weite dieser Menschenflut, ein stiller Beobachter am Rande des Geschehens.

Er ist der Chronist der Ströme, der die Wandlungen des Wassers und der Welten, die es verbindet, still beobachtet und in seinem Herzen bewahrt.