Eine vergessene, seltsame Welt

Die Route der stummen Piloten

Niemand weiß mehr genau, warum sie ausgerechnet entlang des 35. Breitengrades stehen. Ich nenne sie einfach „Die Wegweiser“.

Meine Reise begann am frühen Morgen , ich fuhr ein paar Stunden als ich den ersten der vier großen Köpfe erreichte.

Er wirkte fast hölzern, wie ein verwitterter Totempfahl aus einer Zeit, bevor es Plastik gab. Seine Augen waren hypnotische Spiralen, türkis und ocker, die stur in die Ferne starrten. Ich kletterte auf das alte Gerüst rechts von ihm, um ihm in die Augen zu sehen, aber er ignorierte mich völlig. Seine Aufmerksamkeit galt einzig dem Passagierflugzeug, das gerade im Tiefflug vorbeizog. Es wirkte, als würden die bemalten Pupillen den Kurs des Jets korrigieren.

Ich fuhr weiter, hinein in die Vororte der verlassenen Industriestadt. Die Landschaft wechselte von Sand zu Schrott. Hier war die Stimmung anders – nervöser, elektrischer.

Dieser Wächter war ein grotesker Würfel aus gelbem Blech und Draht, der auf einem dünnen Hals über einer Ansammlung von Wellblechhütten balancierte. Seine Augen quollen förmlich hervor, weit aufgerissen, als stünde er unter permanentem Schock. Die wilden „Haare“ aus Metallstreben vibrierten im Wind. Während über uns wieder eine Maschine den blauen Himmel durchschnitt, hatte ich das Gefühl, dieser Kopf würde alles hören: jeden Funkspruch, jedes Rauschen der Turbinen. Er war der paranoide Lauscher in dieser Einöde.

Ich fuhr weiter und erreichte das Tal der Winde, einen Ort, an dem die Vögel oft orientierungslos kreisen.

 Hier stand das dritte Monument, und es war das beunruhigendste von allen. Ein dreieckiges, bleiches Gesicht, kaum mehr als Haut und Knochen aus Metall, mit Augen wie kaputte Uhren. Es wirkte traurig, fast leidend. Ein Flugzeug bankte steil nach links, um der aufziehenden Front auszuweichen, und ein Schwarm Vögel stob panisch davon. Ich stand lange unten auf den Mauerresten und starrte zu diesem riesigen, geneigten Kopf hinauf. Er wirkte nicht wie ein Wächter, sondern wie ein Mahnmal für all jene Flüge, die nie angekommen waren.

Der Sturm brach schließlich los, als ich den letzten Außenposten am Rande der Klippen erreichte. Der Wind peitschte mir ins Gesicht, und das Donnern des Himmels vermischte sich mit dem Lärm der Triebwerke.

Der „Rost-Gigant“, wie ich ihn nannte, trotzte dem Unwetter. Er war massiv, ein Zylinder aus korrodiertem Stahl, mit Augen wie Turbinenrädern und einem Mund, der wie ein schwarzes Loch alles Licht zu verschlucken schien. Er sah aus wie ein Fabrikschornstein, der zum Leben erwacht war. Ich stand winzig klein an seinem Fuß und legte die Hand auf das kalte, raue Metall. Ich bildete mir ein, ein Summen zu spüren – nicht vom Flugzeug, sondern tief aus dem Inneren der Säule.

Als der Regen einsetzte, suchte ich Schutz in meinem Auto. Ich sah in den Rückspiegel, wo der rostige Riese stoisch im Gewitter stand, den Mund zu einem ewigen, lautlosen „O“ geformt, als würde er dem Piloten den Weg durch den Sturm singen.

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