Die vertauschten Köpfe, Untertitel: Eine indische Legende, ist die längste Erzählung von Thomas Mann. Sie erschien erstmals im Oktober 1940 in Stockholm. Die Arbeit daran hatte der Autor am 1. Januar 1940 in Princeton begonnen und am 28. Juli 1940 in Kalifornien abgeschlossen.
„Uf!“ sagte er. „Ihr drei seid mir die Rechten. Ich war wohl auf eine lebensdunstige Geschichte gefaßt gewesen, aber die eure qualmt ja nur so aus allen Poren der Tastbarkeit, und zwischen meinen vier Feuerbränden zur Sommerszeit ist besser aushalten als in ihrem Brodem. Wäre nicht meine Aschenschminke, ihr könntet die rote Hitze sehen, die sie mir auf den anständig abgezehrten Wangen entzündet hat, oder vielmehr auf den Knochen darüber, beim asketischen Zuhören. Ach, Kinder, Kinder! Wie den Ochsen, der mit verbundenen Augen die Ölmühle dreht, treibt es euch um das Rad des Werdens, wobei ihr noch ächzt vor Inbrunst, ins zuckende Fleisch gestachelt von den sechs Mühlknechten der Leidenschaften. Könnt ihr’s nicht lassen? Müßt ihr äugen und züngeln und speicheln, vor Begierde schwach in den Knien beim Anblick des Trug-Objekts? Nun ja, nun ja, ich weiß es ja! Der Liebesleib, von bitterer Lust betaut, – gleitendes Gliedwerk unter fettiger Seidenhaut, – der Schultern holdes Kuppelrund, – schnüffelnde Nas’, irrender Mund, – die süße Brust, geschmückt mit Sternen zart, – der schweißgetränkte Achselbart, – ihr Weidetrifte ruheloser Hände, – geschmeidiger Rücken, atmender Weichbauch, schöne Hüft’ und Lende, – der Arme Wonnedruck, der Schenkel Brust, – des Hinterfleisches kühle Doppellust, – und, von dem allen gierig aufgebracht, – das Zeugezeug in schwül unflätiger Nacht, – das man sich voll Entzücken zeigt, – einand’ damit zum siebten Himmel geigt – und dies und das und hier und da, – ich weiß es ja! Ich weiß es ja…“
Thomas Mann: Die vertauschten Köpfe. In: Die Betrogene und andere Erzählungen. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 1994