Monsieur Papillons Abend der Beobachtungen

Der Saal summt wie ein Bienenstock aus Seide und gedämpftem Lachen. Monsieur Papillon steht leicht abseits, eine dunkle Silhouette vor der terrakottafarbenen Wandtäfelung, sein Haar scheint vom unsichtbaren Wind einer inneren Welt bewegt zu werden. Seine Augen, scharf und unbewegt, fixieren die tanzenden, schemenhaften Gestalten, die vorüberziehen, jede ein ungeschriebenes Kapitel. Er ist nicht hier, um zu tanzen oder zu konversieren. Er ist hier, um zu sehen.

Er rückt seine Manschette zurecht, eine kaum merkliche Bewegung. Der exzentrisch geschwungene Schnurrbart zuckt kaum, als sein Blick auf ein Detail fällt, das anderen entgeht – ein winziges, fast unsichtbares Insekt, das auf dem blütenweißen Hemdkragen eines vorbeihuschenden Gastes krabbelt. Für ihn ist es ein weiteres Zeichen in dem großen Spiel der Beobachtungen, das er so meisterhaft beherrscht. Die Lichter der Kronleuchter spiegeln sich in seinen wachen Augen, die jeden Winkel des Raumes erfassen, jeden unausgesprochenen Gedanken zu erahnen scheinen.

Er wendet den Kopf langsam, sein markantes Profil zeichnet sich gegen das goldene Licht ab, das von der anderen Seite des Saales hereinbricht. Dort, am Rande der tanzenden Menge, sieht er eine Gruppe von Damen, ihre Umrisse elegant und doch flüchtig, eine von ihnen hält einen Fächer, als wollte sie Geheimnisse verbergen oder vielleicht auch nur die schwüle Luft bewegen. Monsieur Papillon fragt sich, welche kleinen Dramen sich hinter diesen anmutigen Fassaden abspielen, welche Worte unausgesprochen bleiben.

Die Musik schwillt an, die Gespräche werden lauter, ein Kaleidoskop aus Stimmen und Gelächter. Monsieur Papillon bleibt ein Zentrum der Ruhe inmitten des Trubels. Sein Gesicht, eine Studie in Licht und Schatten vor dem warmen Orange des Hintergrunds, ist umgeben von den gesichtslosen Anderen, die ihn umdrängen, ohne ihn wirklich zu sehen, zu beschäftigt mit ihrem eigenen Sein. Er ist der stille Chronist dieser flüchtigen Momente, ein Sammler von Eindrücken, selbst ein ungelöstes Rätsel in dieser Nacht der vielen Gesichter.

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